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Newsletter: 06/2020 in Zeiten des Virus


liebe Chante etan freunde und interessierte

in einigen stunden beginnt der mond den man in lakota „wipazu kan waste wi“ (der mond der reife in der sonne des lebens) nennt. ich habe mir gedacht euch diesen newsletter zu schreiben , quasi als Chante etan lebenszeichen und um einige infos mit euch zu teilen , zumal ich in diesen speziellen zeiten immer wieder von euch angefragt werde.

ich selber bin seit mitte mai , nach einem stressigen aber wunderbaren frühling in der schweiz , zurück hier in den black hills. ich bin am standort bestimmen , vor mich hin arbeiten , geniessen , natur beobachten und träumen. während sich das leben in europa aus der corona krise „normalisiert“ sitze ich mit meiner arbeit der Chante wakan reisen fest , zumal ja nach wie vor eine einreisesperre in die usa gilt. für mich eine gewisse ironie , wollte ich doch so sehr in den vergangenen jahren mir eine mehrmonatige auszeit gönnen. nun , jetzt habe ich sie. zwar nicht in argentinien und chile wo ich hin wollte , halt jetzt in meinem zuhause hier in den hesapa. nichts desto trotz war es eine schwierige situation für mich die ersten zwei Chante wakan reisen vom mai und juni abzusagen , beziehungsweise auf nächstes jahr zu verschieben. was mich sehr berührt: beide reisegruppen haben sich auf das kommende jahr umbuchen lassen. danke für das vertrauen.

die corona situation hier in süd dakota ist relativ stabil. 4‘000 offiziell gemeldete fälle und etwa 50 verstorbene menschen. die lakota reservate haben selber entschieden ihre grenzen dicht zu machen , was zu einem politischen konflikt mit dem bundesstaat süd dakota geführt hat. persönlich finde ich den reservats lockdown eine richtige entscheidung , gab es dadurch bisher keine ausnahmesituation mit infiszierten und auch keine todesfälle durch den virus. mitte juni werden die lockdowns der reservate aufgehoben. nebst meinem eigenen fehlenden einkommen , welches ich ok überbrücken kann , tut es mir natürlich leid dass ich durch die entfallene arbeit meinen lakota freunden und bekannten kein einkommen generieren konnte. ich werde durch den Chanku luta fonds jedoch einige härtefälle mit lebensmitteln , stromrechnungen übernehmen , ect unterstützen. dasselbe werde ich auch für indigene freunde am amazonas machen , welche durch meine abgesagte reise „lebensfarben in peru“ wichtiges einkommen verloren haben. die covid19 krise hat nicht „nur“ angst , krankheit und tod verbreitet , sondern nimmt den materiell armen menschen auf diesem erdball auch noch die hoffnung der existenz. dies geschrieben , sogar hier in den mächtigen usa , welche eigentlich selber in vielem ein entwicklungs- und drittweltland ist , finden sich sage und schreibe rund 40 millionen menschen durch diese krise in arbeitslosigkeit wieder.

die polizeigewalt und der mord an dem schwarzen mann in minneapolis , welcher vor laufender kamera stattgefunden hat , hat das land entzündet. auch hier in rapid city gingen gestern hunderte auf die strasse. es war beeindruckend zu sehen wie lakotas , weisse , latinos und schwarze zusammen protestierten , zum glück auf friedliche art und weise. für mich sind die usa nach wie vor ein land der träume und gewissen freiheiten die man in europa nicht mehr kennt. mit einer gewaltigen , umwerfend schönen natur , freundlichen und wunderbaren menschen in allen farben. dem psychopathen trump mit seinen gesellen und anhängern , sowie allem was sie repräsentieren darf man nicht den raum überlassen , geschweige denn selber resignieren und dem hass freien lauf geben. wenn ich etwas gutes an dieser krise abschauen kann ist es ; dass eine neue positive energie daraus entstehen könnte. ich denke man sollte , wann immer möglich , das positive sehen und danach leben , auch wenn es oft schwerfällt. diese krise kann eine chance sein. ich glaube sie bringt auch für viele menschen ein umdenken. jedoch im grossen bild des verhaltens der menschheit bin ich eher skeptisch. persönlich denke ich hat die schweiz , deutschland und andere europäische staaten diese zeit soweit gut gemeistert und bin verwundert wie viele leute doch wegen diesen massnahmen an ihre grenzen gekommen sind. eigentlich traurig , aber auch zum schmunzeln , die vielen verschwörungstheorien und proteste gegen die vermeindliche diktatur. diese menschen haben keine ahnung was eine diktatur ist , geschweige denn in was für einem sozialen paradies sie leben , trotz der schweizerischen überbevölkerung und kleinkariertheit. wieder andere geben den alten menschen schuld an dieser misere weil sie sich in ihren „freiheiten“ beschnitten fühlen. alte menschen sind genauso wichtig und wertvoll wie kinder. über das muss man sich nicht einmal gedanken machen. freiheit beinhaltet natürlich für jeden menschen etwas anderes. ich finde aber man sollte dringend über gewisse "freiheiten" nachdenken , so wie unrealistisch billige städteflüge für geburtstage und polterabende nach berlin , london oder las vegas.  dieser wahnsinn sollte wahrlich aufhören.

im gegensatz zu den männlich orientierten weltreligionen , welche durch abraham , jesus , mohammed oder buddha manifestiert und repräsentiert sind , kennen indigene völker , welche mit und von der natur lebten und leben „nur“ die weibliche form der spiritualität und des wertesystemes. wahre männlichkeit zeigt sich durch weitsicht , respekt , fürsorge und schutz gegenüber dem weiblichen. bei den lakota ist es wowakan die schöpferin von allem was ist. mit ihrer botschafterin sakowin , bekannt als die weisse büffel-kalb-frau. jeglicher ursprung des lebens ist weiblich , in der biologie ein naturgesetz , welches uns leben schenkt. die sogenannte männlichkeit , welche zur zeit diesen planet beherrscht , entfaltet sich leider zu oft durch gier , gewalt und egozentrischer macht. während die medien und die menschen wie besessen sich in der corona krise wallen als gäbe es keine anderen probleme mehr , verhungern statistisch jeden einzelnen tag rund 10‘000 menschen. jede minute wird ein fussballfeld regenwald vernichtet , millionen von schweinen , geflügel und andere „nutztiere“ werden auf brutalste art gehalten , gequält und geschlachtet. mit diesem wahnsinn sollten wir uns nicht wundern , dass uns solche viren befallen. seit bekannt ist , dass fledermäuse , flughunde und eventuell gürteltiere diesen spezifischen virus den menschen „geschenkt“ haben , werden weltweit fledermaus- und flughundkolonien vernichtet. an vielen orten in südamerika wird durch die bevölkerung , in ihrer ignoranz , ganze höhlen mit riesigen fledermauspopulationen abgefackelt , als wäre das die lösung. vielleicht sollte man sie einfach nicht essen!? vielleicht sollte man einfach nur einmal pro woche fleisch zu sich nehmen!? von artgerecht gehaltenen tieren mit bio label!? vielleicht sollte die menschheit ihrem immunsystem besser schauen , nicht nur im körper sondern auch im herzen und im kopf!? aber dann , was weiss ich schon? vielleicht ist alles was ich hier schreibe nur unsinn…

von der einstigen indigenen lakota lebensart , mit ihrer spiritualität und dessen wertesystem , ist durch die europäische kolonialisierung nicht mehr viel übrig geblieben. und doch , sie lebt und wird nach wie vor weiters getragen und umgesetzt in unserer heutigen modernen zeit. vor ein paar tagen erst hat mich mein bruder und freund Francis White Lance angerufen und mich zu einer yuwipi heilzeremonie eingeladen. „um was geht es“? habe ich gefragt. „charly , wir machen eine zeremonie für die fledermaus nationen. damit sie uns vergeben und wir gemeinsam heilen können. ich sende dir das fledermauslied per whats app damit du es lernen und an der zeremonie mitsingen kannst“ , hat er geantwortet. ich weiss dieses mag sich für einige von euch sehr eigenartig anhören und erscheinen , aber das ist die verantwortung und das konzept von mensch-mit-und-aus-der-natur-sein. Francis ist ein gesundheitlich sehr angeschlagener mann , welcher dadurch auch in die armut abgerutscht ist. als lakota medizinperson jedoch lebt er im rahmen , dass wir menschen alle ein teil von allem sind und wir die aufgabe haben mit der ganzen schöpfung eins zu sein und in respekt und frieden damit zu leben.  solche einladungen und momente lassen mich wissen warum ich hier sein darf und wie sehr ich es liebe ein teil des lakota-seins zu sein. ich hoffe , dass ich bald wieder meine Chante wakan reisen durchführen darf um dieses lakota-sein mit menschen wie euch zu teilen , in freude und würde.

ich wünsche euch allen eine farbige , gesunde und wunderschöne sommerzeit mit allen und allem was ihr schätzt und liebt. danke für eure zeit.

Mitakue oyasin / alles ist mit allem verbunden

Charly Juchler / kinya luta - wo-lakota-to-cho

p.s.: falls ihr lakota kunsthandwerk , salbei , süssgras oder andere wünsche habt , meldet euch bitte unter chanteetan@hotmail.com

in erinnerung an den traditionellen pfeifenmacher und wichtigen wegbegleiter in meinen ersten Chante wakan reisejahren
SUNNY  ZIMICA / machpya tcho
(juni 1938 - mai 2020)

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